Wenn es für jeden Schwachfug mindestens ein Landgericht gibt,
das ihn vertritt, muss es auch die dazugehörigen Amtsgerichte geben. Das ist zwar irgendwie logisch, mir aber erst gestern bewusst geworden:
Amtsgericht erklärt die Nutzung eines privaten offenen WLANs zur Straftat
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man echt drüber lachen. Die Einwahl in ein offenes, nicht geschütztes WLAN soll also eine Straftat darstellen. Vergleichen wir das mal mit der einfachen Welt, ohne Computer:
Mutti macht das Fenster auf und ruft runter "Elisa, du hast dein Pausenbrot vergessen!"
Das ist offene Kommunikation in einem nicht-kabelgebundenen Netzwerk, wo jedermann mithören bzw. teilnehmen kann. Überraschung: Die Schallwellen verpuffen nicht einfach so am Gartenzaun, die hört man auch dahinter noch.
Jetzt geht die Mutter zum Amtsgericht und verklagt alle Nachbarn, die das Gespräch "belauscht" (also ihr Rufen gehört) haben, weil die Nachricht ja nicht für sie gedacht war. Voll normal, wa?
Es kommt noch besser: Beim Erhalt der IP-Adresse hätte sich der Angeklagte eine nicht für ihn gedachte Nachricht zu eigen gemacht, also gezielt in Telekommunkation eingegriffen (das kann richtig fies werden).
DHCP läuft bekanntlich folgendermaßen ab: Der Rechner fragt einmal laut ins Netzwerk, ob ihm nicht jemand eine IP-Adressse geben möchte. Wenn der Server das macht (natürlich kann man das abstellen oder nur für bekannte Rechner zulassen, die "unbekannten" draußen von der Straße bekommen dann erstmal keine Adresse), schickt er eine Antwort zurück, wo er sagt: Ja, hier, die ist frei. (Dann fragt der Rechner nochmal: kann ich die denn wirklich haben? und der Server bestätigt das dann.)
Das Empfangen dieser gezielt an den anfragenden Rechner gerichteten Antwort soll nun unberechtigt sein, weil die Antwort ja gar nicht für ihn war. Halloooo?
Übersetzung in die echte Welt: Ruf durch's offene Fenster: "Frau Mutter von Elisa, darf ich zu Ihnen reinkommen?" Antwort: "Ja, Herr-der-von-draußen-gerufen-hat, der Schlüssel liegt unter der Fußmatte."
Und dann den Fragesteller verklagen, weil er eine Antwort abgefangen hat, die nicht für ihn bestimmt war. Und dann, weil nach nach intensiver Beobachtung, Durchsuchung und Schnüffelung unberechtigterweise den Wohnungsschlüssel in der Hand hat.
Auch gut: Die so erhaltene IP-Adresse (liest sich für mich nicht so, es ob es um die ins Internet gerichtete vom Router ging) sei dann auch noch den personenbezogenen Daten zuzuordnen, was nochmal wieder schlimmer sei. Yo. Wo doch gerade in einem 192.168.*-Netz (oder vergleichbarem) weltweit jede Person eindeutig zu identifizieren ist.
Ich sollte mal den verklagen, der sich mit
meiner Adresse bei diesem komischen Heini einhacken wollte...
Bei so viel geballter Inkompetenz hat der Angeklagte vermutlich die falsche Verteidigungsstrategie gewählt. Er hätte besser behauptet, dass er nichtsahnend durch die Gegend marschiert ist, plötzlich wurde seinem Laptop ohne seinen Eingriff eine IP verpasst und der böse WLAN-Betreiber wollte ihn darüber hacken und seinen Laptop ausspähen!
Verpassen Sie auch nicht den
XKCD-Comic zum Thema. (Oh, über das
Debian-Debakel macht er sich auch lustig.)
Andererseits gibt's wohl auch einen Rest Hoffnung, denn
das und
das lesen sich zur Abwechslung mal ganz gut.