ISBN 0-14-015427-2 Da ja nun der aktuelle Ghibli (den ich übrigens noch nicht gesehen habe, im Juli oder so kommt die DVD raus) eine Erdsee-Interpretation ist, dachte ich mir, dass ich da mal genauer reinschauen sollte, denn bisher kannte ich ja nur den
Film. Der monetären Einfachheit halber entschied ich mich für einen Sammelband mit vier der hoffentlich wichtigsten Erdsee-Romane. Diese Sparwut tut der Geschichte an sich natürlich keinen Abbruch, aber ein streckenweise so schlechtes Druckbild habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Ganz abgesehen davon, dass die letzte Geschichte in einer anderen Schriftgröße als der Rest des Buches gesetzt ist.
A Wizard Of Earthsea eröffnet den Reigen. Dieses Buch wird auch im oben genannten Film behandelt. Und wahrlich, der Film ist näher am Buch, als ich dachte: Das Patchwork, wo im Film scheinbar immer wieder Stellen aus dem Buch ausgelassen werden und die Handlung recht sprunghaft über die Jahre fortschreitet, ist im Buch genauso. Da musste ich mich erstmal dran gewöhnen, aber dann war es gut. Sonderlich spannend natürlich nicht mehr, da ich noch grob im Kopf hatte, was so alles passiert. Besonders gut gefallen hat mir die generelle Ausrichtung der Magie: niemand rennt feuerballschmeißend durch die Gegend, jeder Zauber hat eine Gegenwirkung und alle Magier sind auf Balance und Ausgleich bedacht.
The Tombs Of Atuan geht dann erstmal ganz anders los: der Hauptcharakter aus dem Vorgängerband ist erstmal Weg vom Fenster. Irgendwie ließ mich beim Lesen das Gefühl nicht los, dass ich die Story schon kannte. Ich habe in früheren Jahren in jeden Ferien die Bibliothek gestürmt und wahllos Fantasy-Bücher aus den Regalen gegriffen (wobei ich auch auf eine meiner Lieblingsreihen,
Song of the Lioness von Tamora Pierce, gestoßen bin - damals natürlich in Deutsch), vielleicht habe ich das Buch da ja schon mal erwischt. Sicher bin ich mir noch nicht. Es gibt dem Lesegenuss übrigens eine sehr interessante Note, wenn man die Geschichte besonders genau aufnimmt und im Hinterkopf immer überlegt, ob man sie nun schon kennt oder nicht.
The Farthest Shore hat laut Vorwort einige Preise gewonnen und ist auch meiner Meinung nach die beste der vier Geschichten. Es ist am ehesten in die Kategorie High-Fantasy zu stecken: "Da kommt das große Übel und bedroht unsere Welt, wir ziehen jetzt mal los und verhindern das." Dass die beiden Geschichten davor schon einiges über Welt, Kultur und Personen erklärt haben, macht die Sache natürlich nur interessanter.
Tehanu wiederum ist irgendwie ganz anders und ganz komisch, aber auch sehr gut. Es markiert einen großen Wendepunkt (oder die ersten Vorboten davon) in der Geschichte von Erdsee, das aber eher nur am Rande. Irgendwie geht es eher um die Rolle der Frau in einer von männlichen Magiern dominierten Welt. Frauen hüten das Haus, ziehen die Kinder groß oder kommen als ungelernte Kräuterfrauen und Hexen mit Magie in Berührung - aber nicht so, wie das bei richtigen (männlichen) Magiern ist. Falls das irgendwie eine heimliche Feministinnenkampfschrift sein soll, so würde ich gerne mehr davon lesen. Wie gesagt: ungewöhnlich, aber interessant.
Und das alles auf Englisch. Sonst bin ich eher Science Fiction gewöhnt, daher gab es hier durchaus einige Begriffe, die ich noch nicht kannte. Ich habe deshalb beim Lesen immer parallel in meinem Englisch-Taschenwörterbuch geblättert - erstaunlicherweise hat das den Lesefluss kaum gestört. Sollte ich öfter machen. Außerdem lernt man so die Grenzen des Wörterbuches: "fey" steht da beispielsweise nicht drin.
(Moment mal,
Harry Potter ist doch auch Fantasy - das ging aber ohne Wörterbuch!)
Was mir auffiel, ist die umgekehrte zeitliche Ordnung der vier Geschichten: die ersten drei wurden zwischen 1968 und 1973 veröffentlicht, die Handlungen gehören zwar zusammen, liegen aber durchaus im Abstand mehrer Jahrzehnte. Die letzte Geschichte dagegen wurde erst mit deutlichem Abstand geschrieben (1990), schließt dafür aber direkt an die dritte an. Das aber nur für die Zahlenjongleure unter uns.
Und da ich irgendwo was von sechs Erdsee-Romanen gelesen habe, stehen
Tales from Earthsea und
The Other Wind jetzt auf meinem Wunschzettel. Das ist so gut, da will ich nicht mittendrin aufhören.