Hackover 2017
Ich war Anfang Oktober auf dem diesjährigen Hackover in Hannover. Durch eine blöde Kombination aus „keine Zeit“ und „krank mit Matschkopf“ gibt es den zugehörigen Blogeintrag erst jetzt.
Das Hackover ist ein kleineres Hackertreffen organisiert vom Hannoveraner Ableger des Chaos Computer Clubs, der Leitstelle 511. Inhaltlich ist das Ganze recht ähnlich zum Congress, aber halt kleiner, übersichtlicher und wenn nicht gemütlicher, dann zumindest persönlicher. Quasi der Anime Marathon unter den Hacker-Veranstaltungen.
Einbringigung
Da es mich auf Conventions aller Art normalerweise in den Fingern juckt, irgendwie mitzuhelfen oder etwas beizutragen, habe ich zwei Einreichungen für das Vortragsprogramm gemacht, die auch beide angenommen worden sind:
- TDD, Clean Code, Software Craftmanship und so’n Zeug
- Ein lockerer, nicht wissenschaftlich quellenbelegter Ritt quer durch die ganzen Themen, mit denen ich mich seit einiger Zeit beschäftige (kommt ja auch hier im Blog öfter mal zur Sprache). Zeitlich war es eine Punktlandung: 80 Folien in 80 Minuten mit noch ein paar Fragen am Ende :-) Der Vortragsraum war gut gefüllt, die Beamer-Akrobatik mit Zweischirmbetrieb am Laptop hat auf Anhieb funktioniert und es gab im Nachgang mehrfach positives Feedback, ein Detailgespräch „Ich will XY programmieren, geht das mit TDD?“ und den Wunsch nach Veröffentlichung des Foliensatzes.
- Coding Dojo
- Den ganzen Clean-Code-Theoriekrams mal praktisch
umsetzen. Hier ist das gleiche passiert, was ich schon auf der
Arbeit erlebt habe: Es kam keiner :-) Wir waren insgesamt vier
Leute: zwei quasi zwangsverpflichtet, ein „Wo geht ihr denn jetzt
hin? Ich komm einfach mal mit.“ und ich. Das war aber nicht
schlimm, denn mit weniger Leuten kann man intensiver diskutieren
und muss nicht so sehr auf die Form (regelmäßig die Pairs
wechseln usw.) achten. Am Schluss hat jeder irgendwas gelernt
gehabt, Zielerreichung also 100%.
Anekdote: In meinem Vortrag habe ich noch darauf hingewiesen, dass man für Pair Programming eine normale Tastaturbelegung, Maus und Tastatur benutzen sollte. Das hat bei allen drei Teilnehmern zur Verwirrung geführt: Zwei gehören zur Tastatur-Selberbau-Fraktion und arbeiten nicht mit QWERTZ (Zitat: „Die Tastatur hat Buchstaben auf den Tasten, das ist sehr praktisch“) und der Dritte im Bunde war QWERTY gewohnt und stolperte deshalb übers Klammerntippen. Sachen gibt's!
Das Coding Dojo habe ich aus der hohlen Hand geschüttelt, aber die Vorbereitung des Vortrags hat rückblickend mehr Zeit in Anspruch genommen, als ich erwartet hatte. Vor dem Hackover hatte ich eine Woche Urlaub, in dem meine abendliche freie Zeit komplett in „Vortrag fertig machen!!“ geflossen ist (abzüglich des Prokrastinationsanteils „lustiges CSS-Theme bauen“). Die erste Arbeitswoche nach dem Hackover war dann entspannter als die Urlaubswoche, weil ich die Vortragsvorbereitung endlich vom Tisch hatte… Hätte nicht gedacht, dass mich das so verfolgt! Zum Glück hatte ich meinen ursprünglich geplanten zweiten Talk schon innerlich gestrichen, bevor man überhaupt die Einreichungen machen konnte.
Partizipation, passiv
Ich habe mir folgende Vorträge angeguckt:
- Treffen der anonymen Pragmatiker
- War recht dünn besucht (der Speaker, der Saal-Engel, Tobi und ich), aber es war interessant, mal zu hören, wie in anderen Küchen gekocht wird.
- TDD Rant
- „Die endgültige Klärung warum TDD nicht funktioniert.“
Den Vortrag hatte ich vorher schon im Auge, da wollte ich
unbedingt hin. Den Speaker habe ich lustigerweise beim Checkin
getroffen und es war so ein gegenseitiger „Ach Du bist das mit
dem anderen TDD-Vortrag“-Moment :-) Letztendlich war es kein Rant
gegen TDD, sondern nur gegen falsche Erwartungen oder Anwendung
von TDD mit dem Hinweis, wie man es richtig macht.
Ich habe jede Folie gedanklich mit meinem zuvor gehaltenen Vortrag abgeglichen und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich wohl nicht zu viel Quatsch verzapft habe, weil vieles hier nochmal genauso erklärt wurde. - Internet of Dings
- Ein Lightning-Talk zur besonders stromsparender Sensorik im Flipdot Hackerspace in Kassel (Projekt/Folien). Interessant, auch wenn ich so schnell nicht wieder selber zu einem Lötprojekt kommen werde. Die Kasselaner haben auch vernetzte Waagen unter ihren Matekistenstapeln, da kann man dann wohl per Software gucken, wieviel noch da ist und automatisiert nachbestellen :-) Wäre das auch was für die Warpzone?
- Lightning-Talk Vector Graphics Adapter
- Animationen auf einem Oszilloskop hat man schon mal gesehen – einfach an die Soundkarte anschließen. Aber wenn man höhere Bandbreite braucht? Dann macht man das halt über VGA statt über Audio. Und zwar nicht nur für speziell vorbereitete Vektorgrafiken, sondern für beliebige Bildinhalte. (Huch, wieso merke ich erst jetzt beim Zusammenschreiben, dass das ein Warpzone-Projekt ist? Ich war echt zu viele Jahre nicht mehr da! Jungs, ihr hättet ein dickes Schild vorne auf den Tisch stellen sollen ;-)
- Geheimvortrag zum Programmieren mit Emacs
- Mein ganz persönlicher Vortrag!!! Ich hatte mir das Thema gewünscht, das ganze ist aber nicht fürs offizielle Programm fertig geworden (WIP), also hat sich Andy einfach nachts in einen Workshopraum gesetzt, anderthalb Stunden über seine persönliche Emacs-Konfiguration, magit und ecb referiert und nebenbei Nachtschichtconleitung gemacht. Ich habe viel gelernt und auch schon Dinge davon im Einsatz. Danke!!!
Der Hauptzweck des Hackover ist aber nicht das Besuchen von Vorträgen, sondern der gemeinsame Austausch untereinander. Vernetzung und Quatschen. Das scheint ganz gut geklappt zu haben, denn ich habe mehrere Vorträge verpasst, die ich eigentlich auch noch gucken wollte:
- Was ist Usable Security und warum ist es cool?
- Es gibt Folien von einer früheren Aufführung, aber die hören leider an der spannenden Stelle auf. Klingt aber interessant, das Thema.
- CSS-Art Workshop
- Ich habe einige der Ergebnisse gesehen, die haben da ganz schön gezaubert! Ich muss mir unbedingt noch die Folien dazu angucken.
- Light Painting
- Klang interessant, aber ich habe den erst im Programm entdeckt, als es bereits zu spät war, meine Kamera noch einzupacken. Außerdem war das Wetter draußen durchgängig bäh (oder war es komplett indoors?).
Nicht auf dem Plan hatte ich Dare to Ludum Dare, bin dann aber auf Twitter über die Folien gestolpert und hätte es mir doch angucken sollen! (Gibt wohl noch eine Chance.)
Basteln und Hacken
Ich habe zwar nicht, wie es früher zum Guten Ton™ gehörte, einen Kernel compiliert, aber es gab auch Aktivitäten am Gerät:
- gbsplay compiliert jetzt unter MSYS2
- Das bot sich an, da der
wichtigste Teil der Entwicklermannschaft vor Ort war :-)
Letztendlich war das nur eine Zeile Änderung, die auch schon
identifiziert war, die wir aber vor dem Einchecken einmal testen
wollten. Wir haben dabei gelernt, dass MSYS nicht MSYS2 ist, und
dass MSYS2 trotz gegenteiliger Aussagen auch nicht in älteren
Versionen erfolgreich unter wine installierbar ist: Nachdem wir
das Wochenende mit diversen Installationsversuchen zugebracht
haben, habe ich das dann doch erst im Nachgang am letzten
verbleibenden heimischen echten Windows zum Laufen bekommen…
Jetzt müsste ich nur noch mal ein neues Release machen. Immerhin habe ich Weihnachten 2015 damit begonnen, das Changelog der vorherigen Jahre zusammenzustellen. - Meine verdaddelte FRITZ!Box lebt wieder!
- Ich hatte versucht, eine
alte FRITZ!Box 3370 als WLAN-Client in Betrieb zu nehmen, aber
mir gelang es weder unter OpenWRT noch unter LEDE, die Box zu
booten. Als ich dann erfahren habe, dass die letzte offizielle
Firmware das out-of-the-box unterstützt, war die Box leider so
verdaddelt, dass nicht einmal das Recover-Image von AVM sie noch
erkannt hat. Dabei kann ich eigentlich gar nichts so doll kaputt
gemacht haben, ich habe immer aufgepasst beim Flashen! Zusammen
mit den anwesenden Profis sollte dieses Problem gelöst werden.
Aber was dann passierte, damit hat keiner gerechnet: Nach anfänglicher Ratlosigkeit haben wir im Bootloader einmal nur zum Ausprobieren das bisher ungesetztes Flaglinux_fs_start
für Dual-Boot auf das (wohl nicht vorhandene) zweite System gestellt: bootet nicht. Flag zurückgestellt und nochmal gebootet: Puff, geht wieder. WTF?! Keiner weiß, warum und wieso, aber seitdem steht die Box hier im Wohnzimmer und tut, was sie soll. - Hackeraufkleber
- Bisher habe ich mich diesem Phänomen entzogen, aber jetzt habe ich mal ein paar mitgenommen und meinen Laptop mit ein paar davon versehen. Plus ein paar Pony-Glitzersticker von zu Hause.
- pixelflut
- Ich habe auch ein wenig auf dem Pixelflut-Beamer rumgemalt (der Plan war, so etwas ähnliches wie Logo-Turtle-Grafik zu bauen), aber gegen die Multi-IP-Hardcore-Pixelflutungen direkt am 10G-Switch kam ich mit meinem popeligen WLAN-Zugriff aus der letzten Reihe nicht an ;-)
Ich hab es leider nicht geschafft, mein signalLicht heilezumachen und verpennt, mir ein neues zu kaufen. Dabei hatte ich sogar eine hinter-den-Kulissen-Führung durch die Clubräume.
Nicht im Bild: der Raspberry Pi, der als SSH-zu-3,3V-seriell-Pegelwandler herhalten muss sowie der Netzwerk-Hub, ohne den die Fritzbox-Recovery-Software nicht funktioniert (irgendwelche Autosense-Schwarzmagie)
Fazit
Es hat sich rundherum gelohnt! Alte Kumpels getroffen, gequatscht, gebastelt, wir waren beim Asiaten, haben Vorträge geguckt, Mate getrunken, die eigenen Vorträge waren auch nicht umsonst vorbereitet und ich hab jetzt einen schönen warmen Hoodie. Wie man an der Länge dieses Artikels sieht, war das Wochenende sehr intensiv.
Und es gab – nicht ganz unerwartet – eine Menge selbstgebaute Tastaturen zu bewundern.