Völlig unerwartet habe ich Ende letzten Jahres in einem Anflug von Langeweile mal angefangen, eine der vielen hier so herumlungernden un- oder nur halb gelesenen Mangaserien komplett durchzuackern. Und jetzt bin ich fertig :-)
Tenjo Tenge? Bei kurzem Durchblättern, Überfliegen oder "ja, da war doch mal was"-Erinnerungen denkt man an Action, Titten, Ärsche und nackte Haut. (Man sollte coverbedingt etwas aufpassen, welchen Band man bei seinen Schwiegereltern auf den Wohnzimmertisch legt.) Klingt etwas oberweiti äh oberflächlich.
Aber der erste Eindruck täuscht: Denn tatsächlich dreht sich Tenjo Tenge um Action, Titten, Ärsche, nackte Haut und eine große, wilde, verworrene, pseudophilosphische, epische Hintergrundstory, garniert mit diversen schwer erfassbaren Rückblenden.
Das klingt jetzt schlecht, ist es aber durchaus nicht. Die Zeichnungen sind top, es tauchen des öfteren unerwartete (Brachial-)Gags auf (meist schön hinter einer Umblätter-Stelle versteckt, damit man auch voll reinläuft) und wenn man sich erstmal an die Ecken und Kanten gewöhnt hat, macht es Spaß.
Ich stelle fest, dass auch klischeehaftes "wir füllen wegen der krassen Special-Moves mit dem einen Kampf mal eben zwei ganze Kapitel" unterhaltsam sein kann. Manchmal musste ich Stellen zwei Mal (oder öfter…) lesen, um dahinterzukommen, was los ist (Stichwort "spontane Rückblende": Nach drei Panels merkt man: Aha, offensichtlich eine Rückblende. Aber wann ist das? Was passiert da? Und was sind das überhaupt für Leute?). Manchmal erschloss sich mir eine Rückblende gar erst zwei Kapitel später (das war dann wohl auch so beabsichtigt). Manchmal bin ich auch gar nicht dahintergekommen. Wenn mich die Serie eines gelehrt hat, dann, das man solche Unklarheiten beim Lesen manchmal einfach hinnehmen muss und kann – drüber hinwegsehen, die Verwirrung aktiv ignorieren, nicht drüber nachdenken. Lies im Hier und Jetzt, es gibt kein vorher, kein nachher, mach den Kopf frei. Ommmmmmm. Klappt aber mit der Einstellung und ist bestimmt auch wannanders nochmal praktisch. Einfach so drüberwegsehen, zum Ausgleich kommt bestimmt gleich wieder ein Gag oder ein Hintern oder ein Hintern-Gag. So gesehen hat mich der Manga stark für das Echte Leben™ gemacht :-)
Und dann gibt es noch das moralisch-Philosophische, wie z.B. "glaub an Dich", "helfe Deinen Freunden" etc. Das ist aber ähnlich sperrig und wechselhaft wie z.B. die Rückblenden, auch da ist mal "Augen zu und durch" angesagt. Keine Ahnung, was nun die große Moral war und wohin die ganze überhaupt wollte – aber das ist auch nicht schlimm, am Ende ist erwartungsgemäß in einem großen finalen Kampf richtig die Post abgegangen, das reicht doch, oder?
Ich habe Tenjo Tenge zwar nicht am Stück weginhaliert, aber es war definitiv gut, alle Bände am Stück vorliegen zu haben. So, wie sich der Zeichenstil zwischen Anfang und Ende der Serie geändert hat, muss sich das ziemlich hingezogen haben (kurz nachgeguckt: Wikipedia sagt 1998-2010, also zwei Bände pro Jahr). Wenn ich an die ganzen Wirren und das viele Bla Bla denke, weiß ich gar nicht, wie man da verteilt auf 12 Jahre überhaupt auch nur irgendwie einen Zusammenhang in der Story verfolgen könnte. (Na ja, vielleicht war die Story so verschwurbelt, weil es eh keinen Unterschied macht bei den Pausen und wie soll überhaupt der Autor in dem Zeitraum noch den Überblick behalten? :-)
Anyway: War gut!
Mal gucken, was als nächtes kommt.
Oder doch ein Buch.